Drei Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einer
Regierungserklärung von einer »Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents« gesprochen. Es
gehe um die Frage »ob Macht das Recht brechen« dürfe. Sofern das Verhältnis von Macht und
Recht zu den zentralen Problemstellungen der Friedensethik gehört markiert das Stichwort
»Zeitenwende« auch für diesen Bereich der angewandten Ethik eine Zäsur: In Kriegszeiten steht
die Friedensethik - namentlich die christliche - unter Realismus-Druck. Der theologische und
kirchliche Mainstream des deutschen Protestantismus hat in den letzten Jahrzehnten vorrangig
auf Kriegsprävention gesetzt und die Frage ausgeblendet wie gehandelt werden kann wenn
Prävention scheitert.Die drei Autoren dieses Bandes wollen auf den verstärkten Realismus-Druck
reagieren indem sie die friedensethischen Entwürfe Martin Luthers und Immanuel Kants
vorstellen sowie maßgebliche friedensethische Positionen des deutschen Protestantismus einer
kritischen Revision unterziehen.[Peace Ethics in Times of War]Three days after Russia's
invasion of Ukraine German Chancellor Olaf Scholz spoke in a government statement of a turning
point in the history of our continent. The question is whether it is acceptable that power
breaks the law. Insofar as the relationship between power and law is one of the central
problems of peace ethics the keyword turning point also marks a caesura for this area of
applied ethics: In times of war peace ethics - namely Christian peace ethics - is under the
pressure of realism. In recent decades the theological and ecclesiastical mainstream of German
Protestantism has focused primarily on war prevention disregarding the question of what one
can do when prevention fails.The three authors of this volume want to respond to the increased
pressure of realism by presenting the peace-ethical drafts of Martin Luther and Immanuel Kant
and by subjecting leading peace-ethical positions of German Protestantism to a critical
revision.Volker Gerhardt Dr. phil. Jahrgang 1944 studierte Philosophie Soziologie
Psychologie und Rechtswissenschaft in Frankfurt und Münster. Seit 1985 lehrte er zunächst in
Münster Zürich Köln und Halle bevor er 1992 eine Professur für Praktische Philosophie an der
Humboldt-Universität zu Berlin übernahm dort hat er bis heute eine Seniorprofessur inne. 2017
wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig verliehen.
Rochus Leonhardt Dr. theol. Jahrgang 1965 studierte Evangelische Theologie in Naumburg Saale
und Leipzig. Er lehrte zunächst in Rostock und Hamburg bevor er 2011 eine Professur für
Systematische Theologie unter besonderer Berücksichtigung der Ethik an der Theologischen
Fakultät der Universität Leipzig übernahm. Johannes Wischmeyer Dr. theol. Jahrgang 1977
studierte Geschichte Kirchengeschichte und Evangelische Theologie in Leipzig Oxford
Heidelberg Tübingen und München. Er war von 2008 bis 2015 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz tätig. 2016 wurde er zum Pfarrer der
Evangelischen Landeskirche in Württemberg ordiniert. Seit 2020 ist er im Kirchenamt der EKD in
Hannover tätig seit Dezember 2021 als Leiter der Abteilung »Kirchliche Handlungsfelder«.