Religionen haben ihre Ästhetik. Sie sprechen in Mythen und Bildern sie binden ihre Anhänger
durch die Anziehung ihrer Formen Klänge und Rituale und nicht zuletzt durch die Poesie ihrer
Texte. Für den Koran das Gründungsdokument des Islams gilt dies in besonderer Weise ist doch
das größte und für viele Theologen einzige Bestätigungswunder Mohammeds die sprachliche
Schönheit und Vollkommenheit seiner Verkündigung. Die musikalische Rezitation des göttlichen
Wortes ist für gläubige Muslime eine ästhetische Grunderfahrung und Ausgangspunkt
faszinierender Gedankenreisen die im Mittelpunkt dieses Buches von Navid Kermani stehen.Als
poetischer Text und musikalische Rezitation steht der Koran seit jeher im Zentrum
arabisch-islamischer Kulturen. In welchem Maße die Offenbarung von Muslimen künstlerisch erlebt
wird läßt sich heute noch im kulturellen Leben von Städten wie Kairo oder Damaskus beobachten.
In der westlichen Literatur ist jedoch der Koran als ein ästhetisches Phänomen bislang kaum
beachtet worden.Muslimische Autoren betonten zu allen Zeiten immer wieder die literarische
Qualität des Koran als einen entscheidenden Faktor für die rasche Verbreitung des Islams. Sie
verweisen dabei auf unzählige Geschichten in der muslimischen Literatur die von der
überwältigenden Wirkung der koranischen Rezitation auf die Zeitgenossen Mohammeds erzählen von
Menschen die sich beim Hören eines Koranverses spontan bekehren die weinen schreien in
Verzückung geraten ohnmächtig werden oder gar sterben. Navid Kermani hat nicht die Absicht
die Schönheit der Offenbarung literaturwissenschaftlich zu beweisen. Vielmehr erzählt er die
aufregende und im Westen kaum bekannte Geschichte der ästhetischen Rezeption des Koran. So
untersucht Navid Kermani die Relevanz des Ästhetischen für die muslimische Heilsgeschichte und
erörtert die komplexe spannungsreiche Beziehung von Offenbarung und Poesie Prophet und
Dichter in der islamischen Tradition. Er zeigt daß das Verhältnis von religiöser Botschaft und
musikalischer Inszenierung von zentraler Bedeutung für die Rezeption des Koran ist und stellt
dar wie dessen göttliche Komposition von der muslimischen Theologie als ästhetischer
Gottesbeweis herangezogen wird. Schließlich wird das ästhetische Erleben des Koran am Beispiel
der islamischen Mystik bestimmt. Das Werk führt den Leser in wesentliche Bereiche des Islams
und grundsätzlich in die Beziehungen von Kunst und Religion ästhetischer und religiöser
Erfahrung ein und bietet auch dem Fachwissenschaftler eine Fülle neuer Einsichten.Der Autor
Navid Kermani geboren 1967 als Iraner in Deutschland ist promovierter Orientalist und war bis
2003 Long Term Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Heute lebt er als freier Schriftsteller
in Köln.