Die Errichtung des ständigen Internationalen Strafgerichtshofes hat das Völkerstrafrecht wieder
in das Blickfeld internationaler Aufmerksamkeit gerückt. Damit gelangt auch eines der
grundlegenden Konzepte des internationalen Strafrechts abermals in die Diskussion: die
Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Konzept der Verbrechen gegen die Menschlichkeit das
im Rahmen des Nürnberger Prozesses nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals formuliert und
angewendet wurde ist in der jüngeren Vergangenheit durch die Strafgerichtshöfe der Vereinten
Nationen für das ehemalige Jugoslawien sowie Ruanda fortentwickelt worden. Weitgehend ungeklärt
sind bisher jedoch die theoretischen Grundlagen des Konzeptes insbesondere die Abgrenzung des
Verbrechenstypus von den in internationalen Abkommen kodifizierten Kriegsverbrechen einerseits
und Gewaltverbrechen nach dem nationalen Strafrecht andererseits. Offengeblieben ist auch
woraus sich die Rechtfertigung zur Ahndung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die
internationale Gemeinschaft unter Inanspruchnahme eines Rechts zum Eingreifen im Namen der
Menschheit ableitet und wie derartige humanitäre Interventionen mit dem Grundsatz der
Staatensouveränität zu vereinbaren sind. In dieser Arbeit wird der Versuch unternommen anhand
einer umfassenden Analyse der historischen Entwicklung des Konzeptes sowie seiner Bezugspunkte
im internationalen Rechtssystem - insbesondere dem humanitären Völkerrecht - den Kernpunkt der
Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufzufinden und hieraus eine Erklärung für die universelle
Betroffenheit abzuleiten. Unter Berücksichtigung rechtsphilosophischer Konzepte insbesondere
der Völkerrechtslehre Kants gelangt die Verfasserin schließlich zu der These dass Kernpunkt
der Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Verstoß gegen das Menschenrechtsprinzip den
Grundsatz der Rechtssubjektivität des Individuums unabhängig von Gruppenkriterien ist. Dieses
Prinzip wird durch den Täter eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in einer Weise negiert
die die Grundlagen der internationalen Gemeinschaft als einer Rechtsgemeinschaft angreift und
eine Ahndung der Tat auf der internationalen Ebene erfordert.