Die Situation der öffentlichen Haushalte in der Bundesrepublik Deutschland ist zum Auslöser für
eine Diskussion über das angemessene Verhältnis von privater und staatlicher Finanzierung des
Erziehungs- und Bildungswesens geworden. Diese ökonomischen Probleme sind allerdings mehr ein
Anlaß als ein Grund für neuerliche Überlegungen zur Einführung marktwirtschaftlicher Prinzipien
auch in diesem Bereich der Gesellschaft. Sie treffen zusammen mit einer Reihe weiterer
Faktoren. Dazu gehören die Herausforderungen die sich durch die europäische Integration nach
den Verträgen von Maastricht er geben haben weil der Anteil nichtstaatlicher Trägerschaft von
Erziehungs und Bildungseinrichtungen in anderen europäischen Ländern z. T. beträcht lich höher·
ist. Ebenso gehören dazu Erfahrungen denen zufolge ein staatlich gesteuertes Bildungssystem
nicht per se schon die an es gerichteten Erwar tungen erfüllt und dazu gehören auch
privatwirtschaftliche Interessen an den Effekten von Erziehungs- und Bildungsprozessen sowie an
der Erschließung neuer Dienstleistungsmärkte. Unter dem wachsenden ökonomischen Druck besteht
durchaus die Ge fahr daß der Staat sich aus seiner Verantwortung für eine Balance zwischen
Leistungsfähigkeit und Chancengerechtigkeit im Erziehungs- und Bildungs wesen zu verabschieden
sucht indem er einseitig auf ökonomische Lei stungsfähigkeit setzt. Die Deutsche Gesellschaft
für Erziehungswissenschaft hat es in einer solchen Zeit als ihre Pflicht angesehen den
Sachverstand na tionaler und internationaler Experten zu aktivieren um anläßlich ihres 15.
Kongresses die Voraussetzungen Möglichkeiten und Implikationen zu prü fen und zu diskutieren
um über die Folgen einer Verschiebung der Zustän digkeiten aufzuklären. Was heute zur
Diskussion steht ist letztlich eine Neu bestimmung des Verhältnisses von Individualität und
Solidarität.