Das Zeitalter des Nationalismus gehört angeblich der Vergangenheit an. Dennoch wehren sich die
Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft dagegen ihre Souveränität zugunsten eines
künftigen Vereinten Europas aufzugeben. Viele Menschen empfinden die Globalisierung als
Bedrohung ihrer nationalen Identität. Diese ist historisch gewachsen und manifestiert sich in
unzähligen Details deren Gesamtheit wir als Lebensstil erfahren: im Umgang miteinander in der
Art wie wir Feste feiern was und wie wir essen welche Orte wir besuchen welche Kleidung wir
tragen und wie wir wohnen vor allem aber darin dass man an sie glaubt. Die Österreicher die
viele Jahrhunderte im Zentrum eines Reichs lebten das den Nationalismus bekämpfte glaubten
vor 1918 nicht dass sie eine Nation waren vielmehr waren sie wie Musil es ausdrückte zuerst
und ursprünglich nichts . Nach dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie wurden sie gezwungen
sich eine nationale Identität im Schnellverfahren anzueignen. Sie taten sich damit sehr schwer.
Die einen trauerten der untergegangenen Monarchie nach und fanden sich in der Gegenwart nicht
zurecht die anderen erstrebten den Anschluss an Deutschland wobei dem Mythos des Volks große
Bedeutung zukam. Ein weiterer zählebiger Mythos war der des Reichs der sich sowohl auf das
Reich der Habsburger als auch auf das Heilige Römische Reich bezog. Und dann gab es noch die
Hoffnung auf ein zukünftiges Drittes Reich. Von diesen Mythen wurden die Österreicher durch die
Katastrophe des Nationalsozialismus geheilt. Heute ist ihre Mehrheit davon überzeugt dass sie
eine nationale Identität hat. Diese ist eine junge Konstruktion deren inhärente Brüche noch
sichtbar sind. Am Beispiel Österreichs lässt sich daher die grundsätzliche Problematik
nationaler Identität besonders gut aufzeigen. Als Gegenbeispiele dienen einige Länder die seit
langem ein starkes Nationalgefühl besitzen insbesondere Irland. An der Entwicklung nationaler
Identität haben Zufall und Schicksal ebenso teil wie bewusste Entscheidungen
Geschichtsklitterung mythische Verklärung Propaganda und Lügen. Mythen sind gefährlich und
können Gesellschaften zerstören. Die historische Erfahrung zeigt aber auch dass sie ihnen
helfen können zu überleben. Der rechte Umgang mit Mythen muss erlernt werden.