«Keine Ostergrüsse mehr !» - so heisst es mitunter auf Karteikarten des Grand Hotels Waldhaus
in Vulpera denn nicht jeden Gast wollte man wiederhaben. Concierge und Rezeptionist ertrugen
ungehobeltes Benehmen der illustren und zahlungskräftigen Gäste stoisch notierten jedoch ihre
Erfahrungen auf den Karteikarten. Gäste wurden diskret beobachtet Telefonate belauscht
passendes und unpassendes Verhalten kommentiert. In der Zwischenkriegszeit und vor allem
während des Zweiten Weltkrieges war das Waldhaus ein Ort an dem die Verwerfungen einer
auseinanderfallenden Gesellschaft spürbar wurden. Was mag man wohl an der Rezeption besprochen
haben als 1932 Gäste reihenweise wegen der Bankkrise abreisen mussten als 1939 die an
jüdische Gäste verschickten Ostergrüsse mit den Vermerken «retour» «abgereist» oder «verzogen»
zurückkamen ? Wie veränderte sich der Ton der Angestellten gegenüber jüdischen Gästen? Wie
begegnete man den hochrangigen Nationalsozialisten? Wie den jüdischen Gästen die Holocaust
überlebt hatten und nach dem Krieg wiederkamen? Das Waldhaus brannte 1989 aufgrund einer bis
heute ungeklärten Brandstiftung ab. Gerettet werden konnte u.a. die Gästekartei mit 20.000
Karten. Diese seltene Quelle erlaubt nicht nur einen Blick auf die Gäste sondern auch auf die
Perspektive jener die die Karteikarten geführt hatten.