"Damit bin ich in die Geschichte eingegangen so daß wenigstens etwas von mir übrig bleibt." So
kommentierte der Dirigent Karl Böhm (1894-1981) in einem Notizbuch jene von ihm geleitete
"Fidelio"-Aufführung mit der die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Wiener Staatsoper am 5.
November 1955 wiedereröffnet wurde - und "150 Millionen hörten am Rundfunk zu" ergänzte er
stolz. Mehr als vier Jahrzehnte nach seinem Tod scheint das was von dem gebürtigen Grazer
Karl Böhm "übriggeblieben" ist in wenigen Leitmotiven und Positionen festgefahren. Dem von
vielen verehrten Kapellmeister alten Schlags der nach dem Zweiten Weltkrieg an den Pulten in
Wien Salzburg und Bayreuth zum kulturellen Wiederaufbau beigetragen hat schlagen von anderer
Seite die Hinweise auf seine Haltung und Taten während der NS-Zeit entgegen. Und während die
einen seine Mozart- Wagner- und Strauss-Dirigate als maßstabsetzend betrachten werden sie von
anderen entschieden abgelehnt häufig vor allem sein Mozart als "arg teilweise schändlich
routiniert" (Peter Gülke). Die Beiträge des Bandes die sich auf die Kapitel "Biografie und
Karriere" "Kontexte und Rezeption" sowie "Repertoire und Interpretation" verteilen leisten
zum ersten Mal eine umfassende kritische Auseinandersetzung mit diesem streitbaren Dirigenten
der zeitweise als populärster "deutscher" Dirigent neben Herbert von Karajan galt und
unübersehbare Spuren in der Musikgeschichte hinterlassen hat. Mit Beiträgen von Julian Caskel
Andreas Domann Martin Elek Harald Haslmayr Raymond Holden Ursula Kramer Michael Kraus
Hartmut Krones Erik Levi Helmut Loos Laurenz Lütteken Moritz Oczko Richard Osborne
Arabella Pare Ryan M. Prendergast Oliver Rathkolb Peter Revers Paula Schlüter Rainer
Schwob Arne Stollberg Chanda VanderHart und Thomas Wozonig.