Rund 135 Jahre umspannt das Repertoire von Igor Levits neuem Album Tristan: die Zeit von etwa
1837 bis 1973. Ganz unterschiedliche Genres treffen aufeinander nur eines der Werke wurde
ursprünglich für Soloklavier geschrieben. Levits Annäherungen an existenzielle Grenzerfahrungen
- den Tod in Life (2018) die Begegnung mit dem Spirituellen in Encounter (2020) und jetzt in
Tristan die Verbindung von Liebe Tod und Erlösungsbedürftigkeit - bringen es mit sich dass
wiederum nicht allein Meisterwerke für sein Instrument im Mittelpunkt stehen sondern vor allem
Kompositionen in denen gewisse thematische Assoziationen eine möglichst persönliche Gestaltung
finden. Dabei kreisen Levits eigene Gedanken bei Tristan weniger um die Liebes- und
Todesthematik als solche sondern vielmehr um Erlebnisse der Nacht und des Nächtlichen - als
dunkle Gegenwelt zum bewussten Handeln bei Tage. Psychische Ausnahmezustände geben den Ton vor:
Die Nacht hat so viele Gesichter. Sie kann Zuflucht und Kontrollverlust bedeuten sie steht für
Liebe und Tod und sie ist die Zone tiefer Ängste sagt Levit. Im Adagio von Mahlers Zehnter
Sinfonie gibt es den berühmten Aufschrei des dissonanten Schmerzensakkords und Wagners
'Tristan und Isolde' inszeniert geradezu eine Art emotionale Kernschmelze. Alle wesentlichen
Geschehnisse des Stücks spielen sich in der Nacht ab. Auch Hans Werner Henze spricht in seinen
Erinnerungen an die Entstehungszeit von 'Tristan' von Alpträumen und traumartigen
Halluzinationen.Henzes Tristan - Préludes für Klavier Tonbänder und Orchester - ein
schwärmerisch-raffinierter Hybrid aus Soloklavier Elektronik Konzert und Sinfonie - bildet
das Herzstück des Albums. Es ist die erste Orchesterproduktion Levits überhaupt. Unter der
Leitung von Franz Welser-Möst hatte Levit das suggestive Werk von dem bisher nur die
kompromissbehaftete Aufnahme unter Leitung des Komponisten greifbar war bei den Salzburger
Festspielen als auch mit dem Gewandhausorchester in