Schlaue Worte großer Druck – zwischen Rock und Punk errichten sich Wilde Jungs ein massives
Königreich das in der Folge in mächtigen Hymnen wie Atmet die Gewalt oder motivierenden
Treuebekundungen wie Steh auf eskaliert.Rock ist tot. Haben sie uns gesagt. Auf Deutsch singen
klingt immer schmalzig. Haben sie uns gesagt. Gut dass wir eh nicht zugehört haben. Wir wurden
nämlich mal wieder angelogen. Bester Beweis dafür ist die erstaunliche Karriere der Wilden
Jungs. Mit vier ebenso ehrlichen wie lauten Alben spielte sich die Band aus Fulda in den
letzten Jahren vom Insider-Tipp zur gewachsenen Größe empor. Zu einer aufrichtigen und
standhaften Band der man spätestens seit ihrem letzten Epos Hasspirin nicht mehr den Mund
verbieten kann. Jetzt breiten sie die Flügel aus. Und erheben sich mit Unbesiegt in die Lüfte.
Wer Wind sät wird Sturm ernten. Die Wilden Jungs wissen sehr gut was damit gemeint ist. Seit
ihrer Gründung 2003 ließen sie sich von nichts und niemandem aufhalten ließen sich nicht
beirren und traten munter die Steine zur Seite die man ihnen in den Weg legen wollte. Dennoch
kam der Motor der Band ins Stocken. Nach großen Erfolgen in den Charts und Konzerthallen lag
das explosive Momentum der Deutschrocker im Sterben. Wir erlebten 2014 einen Zusammenbruch der
die Band fast in den Abgrund getrieben hätte resümiert Bandoberhaupt Tyson. Ich wollte
weitermachen konnte aber nicht. Ich hatte keine guten Ideen. In meinem Kopf entstand einfach
kein Bild. Das ist schon so dramatisch genug. In seiner Dreifachrolle als Texter Komponist und
Produzent dieser Band kommt das einem Weltenbrand gleich. Unbesiegt zeichnet diesen Kampf
zurück ans Licht nach dokumentiert Tysons eisernen Willen sich nach den fruchtbaren Jahren
nicht in die Knie zwingen zu lassen. Letztlich war es seine Tochter die ihm durch seine
Schreibblockade half. Sie malt Bilder die nicht ihres Alters entsprechend sind so Tyson. Sie
blendet alles beim Malen aus ist komplett versunken hat das Bild schon im Kopf. Darauf habe
ich mich besonnen: Wer ein Bild zeichnen will oder wer eine Geschichte erzählen will der muss
sich seine ganz eigenen Gedanken machen. Der Bandleader besann sich auf das was die Band in
früheren Jahren ausmachte. Und brachte den Knoten zum Platzen. Jenes daraus entstandene fünfte
Album Unbesiegt zu taufen ist natürlich nicht nur eine Kampfansage an all die Antagonisten und
Opportunisten die Wilde Jungs immer noch in ein fragwürdiges Milieu drängen wollen. Es ist
zugleich der Triumph über die eigenen Dämonen und der Beweis der unkaputtbaren Freundschaft
die diese Band trotz vierer ganz unterschiedl icher Charaktere zusammenhält. Dass selbst die
lautesten Kritiker den Siegeszug der Jungs nicht aufhalten können verschafft Tyson und seiner
unerschrockenen Bande natürlich ordentlich Oberwasser. Schnell selbstbewusst provozierend und
druckvoll hämmern sie uns ihre ureigene Vorstellung deutschsprachiger Rockmusik um die Ohren.
Mit dem explosiven Auftakt Vorwärts über Gräber könnte die Marschrichtung nicht
einschüchternder vorgegeben werden: Schlaue Worte großer Druck – zwischen Rock und Punk
errichten sich Wilde Jungs ein massives Königreich das in der Folge in mächtigen Hymnen wie
Atmet die Gewalt oder motivierenden Treuebekundungen wie Steh auf eskaliert. Das ist nicht
weniger als die Essenz von Wilde Jungs gegossen in stählerne Rock-Hymnen für eine bewegte
Zeit. Vier Jungs ein Gedanke vier Herzen ein Ziel: Alles oder nichts ganz oder gar nicht.
Die Band ist erwachsener geworden hat sich gesucht und neu gefunden. Unsere Texte gehen da hin
wo es wehtut ist sich Tyson sicher. Sie greifen dahin wo hingegriffen werden muss. Und am
allerwichtigsten: Sie lassen sich von keiner Ideologie vor den Karren spannen. Bei allem Ernst
der Lage bei aller Kampfansage an Besitzhunger Machtgeilheit und Egoismus kommt dennoch der
eine oder andere schmunzelnd hochgezogene Mundwinkel in Senorita oder dem wunderbaren Trinklied
Voll oder nüchtern nicht zu kurz. Schon klar die Botschaft kommt an: Manchmal hilft einfach
nur ein Abend mit guten Typen in der Kneipe am Eck. Oder in den Armen einer Dame. Wilde Jungs
sind Wilde Jungs daneben und dazwischen gibt es nichts. Ein Bund fürs Leben nicht auf den
Mund gefallen kompromisslos bereit mitUnbesiegt den nächsten Schritt zu gehen. Was wir uns
aufgebaut haben kannst du dir nicht mit Geld kaufen sagt Tyson dazu. Letztlich stimmt es eben
doch: Bewegung entsteht durch Haltung. Das System in dem wir leben hat längst Orwell‘sche
Züge zeigt sich das Sprachrohr der Band besorgt. Die Denker sagen nichts und die Dichter
dichten das was populär ist. Bei den großen Punk-Bands des Landes erkenne ich zumindest schon
längst keinen Widerstand mehr. Genug geredet. Auftritt Wilde Jungs. Die neue unbesiegbare Größe
der deutschen Rock-Landschaft.