Mit der Musik Peter Tschaikowskys verbindet das traditionsreiche Tonhalle-Orchester Zürich eine
lange Aufführungstradition. In der zweiten Folge der Gesamteinspielung der Sinfonien wendet es
sich gemeinsam mit dem Chefdirigenten und Musikalischen Leiter Paavo Järvi der zweiten und
vierten Sinfonie zu. Die Nummern vier bis sechs des russischen Romantikers werden immer noch
weitaus häufiger aufgeführt als die ersten drei. So präsentierte das Tonhalle-Orchester Zürich
die 1872 entstandene zweite Sinfonie dem Publikum nicht vor 1949 und bis 2020 wurde sie
lediglich zehn Mal gespielt! Einer der Gründe für dieses Ungleichgewicht liegt wohl darin dass
sich mit der Vierten das beim Auditorium beliebte Klischee Tschaikowskys als jenes ständig
leidenden und neurotischen Individuums bedienen ließ als welches man den Komponisten besonders
seit seinem plötzlichen und mysteriösen Tod 1893 sah. Im Gegensatz dazu scheint der von einer
positiveren Stimmung geprägten zweiten Sinfonie mit dem Beinamen Kleinrussische` kaum etwas
von diesem Bild anzuhaften. Dabei hat das Werk ohne Zweifel seine besonderen Meriten: Zum einem
ragt es mit einer intensiven Verwendung russischer bzw. ukrainischer Volksweisen aus allen
übrigen Sinfonien des Komponisten heraus. Dies brachte ihm nicht nur die Anerkennung bei den
Anhängern einer russischen Nationalmusik ein die ihm sonst immer wieder eine zu starke
Orientierung an der westlichen Klangkultur vorgeworfen hatten sondern auch die des
Uraufführungspublikums. Seinem Bruder berichtete Tschaikowsky: Die ganze Gesellschaft war so
hingerissen dass sie mich vor Begeisterung fast in Stücke gerissen (hätte). Auch wie der
Komponist die Volkslieder verarbeitet ist bemerkenswert. So stößt er etwa im kühnen Finale ?
eine in Sonatenform gefasste Variationsreihe über das Volkslied Der Kranich ? mittels abrupten
Modulationen und der Verwendung einer Ganztonleiter als Bassfundament bis an die Grenzen der
damaligen Akzeptanz vor.