Totenmessen sind im 18. Jahrhundert in der Regel Auftragswerke die ein Komponist als Teil
seiner Amtspflichten erledigt und die ihm nur selten von außen angetragen werden. Insofern
fallen die von Hervé Niquet und seinem Le Concert Spirituel hier vorgestellten
Requiem-Vertonungen von Mozart und Salieri aus dem Rahmen. Zudem haben sie mehr Gemeinsamkeiten
als man zunächst denken könnte. Obwohl sie unterschiedliche Ansätze und Entwicklungen hatten
teilten Mozart und Salieri die gleiche musikalische Sprache der italienischen Klassik die im
kaiserlichen Wien zu dieser Zeit tonangebend war. Ihre beiden Requiems sind ein beredtes
Zeugnis dafür zumal sie sich von Totenmessen inspirieren ließen die von anderen
österreichischen Komponisten geschrieben wurden: das 1771 komponierte Requiem von Michael Haydn
im Falle Mozarts und das 1803 komponierte Requiem von Joseph Eybler im Falle Salieris. Die zwei
Werke entlehnen einige ihrer eindringlichsten Effekte aus der Welt der Bühne da auch beide
geborene Opernkomponisten waren. Während Mozart die Totenmesse für einen unbekannten
Auftraggeber schrieb und durch seinen unerwarteten Tod bei der Arbeit daran das Werk
letztendlich nicht vollenden konnte hat Salieri seine Messe 1804 für sich selbst geschrieben
und zwar ganz im Bewusstsein dass mehrere ihm bekannte Komponisten ihre Requiemvertonungen zu
spät begonnen hatten und sie deshalb unvollendet blieben (neben Mozart gilt dies auch für
seinen Lehrer und Mentor Florian Leopold Gassmann). Dass die beiden faszinierenden Werke heute
nebeneinander auf CD erscheinen ist nicht zuletzt der überfälligen Rehabilitation Salieris in
den vergangenen Jahren zu danken. Längst hat sich das diffamierende Bild Salieris vom
giftmordenden Neider zum respektablen Zeitgenossen Mozarts gewandelt. Und das ist gut so!