Im Frühjahr 1945 wird Demmin eine kleine Stadt in Mecklenburg-Vorpommern zum Ort einer
schrecklichen Tragödie: Während die Rote Armee heranrückt nehmen sich hunderte Einwohner das
Leben. Sie schneiden sich die Pulsadern auf vergiften oder erschießen sich Eltern töten erst
ihre Kinder und dann sich selbst ganze Familien gehen mit Steinen beschwert ins Wasser. Bis
zum Ende der DDR wird über die konkreten Umstände des beispiellosen Massensuizids geschwiegen
die genauen Opferzahlen der kollektiven Hysterie sind bis heute nicht bekannt. Heute versuchen
Neonazis die Leerstelle zu besetzen und für ihre Zwecke zu missbrauchen. An jedem 8. Mai dem
Tag des Endes des Zweiten Weltkriegs vollzieht sich in Demmin ein gespenstisches Ritual:
Neonazis marschieren schweigend durch die Straßen der Gemeinde in der mehrere Hundertschaften
der Polizei Stellung bezogen haben und versuchen Gegendemonstranten von der Route
fernzuhalten. An diesem angespannten Tag verdichten sich hier die Risseinnerhalb der deutschen
Gesellschaft aufs Äußerste. Mit ihrem Trauermarsch instrumentalisieren die Rechtsradikalen die
Erinnerung an die furchtbare Tragödie.In seinem Film ÜBER LEBEN IN DEMMIN geht Regisseur Martin
Farkas den verborgenen Folgen der Ereignisse nach. Überlebende sprechen zum ersten Mal über die
schrecklichen lange verdrängten Erfahrungen ihrer Kindheit und Jugend. Farkas erkundet welche
Spuren die Traumatisierung und das Schweigen darüber bei den Nachgeborenen hinterlassen haben -
und wie tief sie in unsere Gegenwart hineinwirken.Die Stadt wie er sie in diesem genau
beobachteten komplexen und aufrichtigen Film schildert erscheint tief gespalten. Neben dem
Wunsch nach Versöhnung und dem Willen zu einer ehrlichen Aufarbeitung stehen Hass und
Feindseligkeit. So eröffnet der Film an diesem exemplarischen Ort einen neuen Blick auf den
heutigen weiterhin schwierigen Umgang der Deutschen mit ihrer Geschichte.