50 Jahre schlummerte das Tonband in Biermanns Archiv. Alle Beteiligten hatten die Aufnahmen von
1973 längst vergessen. Kein Wunder denn dieser Coup war schlicht undenkbar: Der verbotene
Liedermacher Wolf Biermann und der erfolgreichste Bandleader der DDR Klaus Lenz mit seinen
Jazzern spielen gemeinsam? Wie und wo sollte das möglich sein? Klar war die Musiker mit
Biermann im Gepäck wären keinen Schritt in kein einziges Studio der DDR gekommen. Aber
aufnehmen für eine Biermann-LP die natürlich nur im Westen erscheinen konnte wollten alle
eben doch! Der geniale Arrangeur Lenz nahm sich die zwei neusten Biermann Lieder vor. Biermann
schleppte sein Revox-Tonbandgerät und hochwertige Tonbänder an. In Lenzens Bude ein Häuschen
in Berlin Lichtenberg wurde auf die Schnelle ein Studio improvisiert. Doch wohin mit all den
Musikern die sich bei einer Aufnahme in engen Räumen gegenseitig niederspielen? In die Küche
kam die Orgel. Ins Wohnzimmer die Bläser der Schlagzeuger in' Flur. Der Flötist in die
Abstellkammer und - den letzten beißen die Hunde - Biermann wurde ins Bad verdonnert und hockte
mit der Gitarre vor seinen Mikrophonen auf dem Klo. Das Vergnügen dieses heimlichen
Zusammenspiels hört man den Aufnahmen an. Ein wunderbares Beispiel widerspenstiger Solidarität.