Für mich bedeutet Tradition nicht Beharren sondern Wandlung und Wachstum. Es könnte den
Anschein haben dass ein Komponist der heute noch der Tonalität huldigt in solcher
Traditionsverbundenheit aus Bequemlichkeit verharrt. Es zeigt sich aber dass das Streben nach
tonaler Ordnung ihn beständig vor neue Fragen und Entscheidungen stellt für die es keine
Rezepte gibt. Mit seinem Bekenntnis zur Tonalität schien sich Müller-Zürich rechtzufertigen in
einer Zeit als die Avantgarde nach dem 2.Weltkrieg allen Schönklang und Harmonie verteufelte.
Tatsächlich sind aber seine Werke weder epigonal oder gar rückschrittlich sondern haben einen
ureigenen Ton den es ein Vierteljahrhundert nach seinem Tod unbedingt wieder zu entdecken
gilt. Seine großformatig angelegten Streicherwerke (Quintett mit 2 Violen 1919 & Quartett 1921)
sind üppig-farbige Klanggemälde voller Leidenschaft und Raffinesse die sich mit Reger Mahler
und dem jungen Strauss messen können. Das spätere Streichtrio von 1950 glänzt als virtuoses
neoklassizistisches Bravourstück. Mit diesen drei Ersteinspielungen auf CD setzen das
casalQuartett und Razvan Popovici dem großen Schweizer ein prachtvoll klingendes Denkmal.