Als Anton Bruckner im Oktober 1896 verstirbt ist die Nachricht von seinem Tod lediglich eine
Randnotiz in der Wiener Zeitung Neue Freie Presse. Jeder kann ihr jedoch entnehmen dass sich
im Nachlass Skizzen zum vierten Satz seiner neunten Symphonie befinden von der nur drei Sätze
fertig geworden seien. Tags darauf Bruckners Sterbezimmer ist noch nicht versiegelt kommen
die Andenkenjäger Befugte und Unbefugte und stürzen sich wie die Geier so Bruckners
entsetzter Arzt auf die Notenblätter. Zahlreiche Manuskripte werden dabei wohl gestohlen. Als
sechs Tage später der Rest gesichtet wird sind vom Finale der 9. Sinfonie noch 75
Partiturbögen vorhanden. Und so bleiben zum Zeitpunkt des Todes Bruckners nur drei vollständig
erhaltene Sätze eine Trias der eine unergründliche Vollkommenheit als Werk innewohnt. Das
letzte Wort des Sinfonikers Bruckner stellt somit kein ungestümes Allegro dar sondern ein
Adagio von über 20 Minuten Länge in seiner Abgründigkeit und Harmonik bis dato unerhört. Der
Komponist wirft darin Schatten zurück auf den von ihm so verehrten Richard Wagner - und voraus
auf Arnold Schönberg. Und wie auch Gustav Mahler der seine Neunte Jahre später ebenfalls mit
einem gewaltigen Adagio enden lässt erlebt Anton Bruckner die Uraufführung seiner letzten
Sinfonie und dessen Nachwirkung nicht mehr mit. Unzählige Komponisten und Bruckner-Forscher
haben sich bis dato daran versucht das Leichenfleddern ungeschehen zu machen und die
Manuskripte des vierten Satzes zu einem Ganzen im Sinne des Komponisten zu rekonstruieren.
Francois-Xavier Roth und das Gürzenich-Orchester Köln bleiben in ihrem viel beachteten
Bruckner-Zyklus allerdings der dreisätzigen Originalfassung treu und legen mit diesem Album
einen wichtigen Meilenstein in der Diskographie des Werks.