Nach einer von der Kritik hochgelobten Johannespassion setzen Philippe Herreweghe und sein
Ensemble Collegium Vocale Gent ihre Reihe mit Leipziger Kantaten Bachs fort. Die drei hier
eingespielten Kantaten BWV 6 Bleib bei uns denn es will Abend werden BWV 99 Was Gott tut das
ist wohlgetan und BWV 147 Herz und Mund und Tat und Leben wurden zwischen 1723 und 1725 für
Leipzig komponiert. Kaum einen Monat im Amt stellte sich für den neuen Thomaskantor am 2. Juli
1723 sein erstes in Leipzig zu bespielendes Marienfest ein: das Fest Mariae Heimsuchung. Zu dem
Anlass griff Bach auf eine ältere Weimarer Komposition zurück und ließ ihr Libretto von einem
anonymen Textdichter durch hinzugefügte Rezitative in die heute geläufige Fassung von BWV 147
umwandeln. Höhepunkt des Werks ist die ebenfalls erst in Leipzig hinzugekommene
Choralbearbeitung am Schluss: Bachs herrliche figurierte Variante von Martin Jahns Choral Jesu
meiner Seelen Wonne - zweifellos einer der größten Ohrwürmer in seinem Oeuvre. Bachs
unerreichte Kunst der Choralveredlung erfuhr in seinem zweiten Leipziger Dienstjahr ihren
Höhepunkt im sogenannten Choralkantaten-Jahrgang. Das Grundgerüst für die Kantate BWV 99 aus
diesem Jahrgang lieferte der beliebte Choral Was Gott tut das ist wohlgetan von Samuel
Rodigast aus den 1670er Jahren ein Lied das von schier grenzenlosem Gottvertrauen handelt.
Bis heute ist es ein Rätsel warum Bach in seinem zweiten Leipziger Dienstjahr mit dem
Osterfest 1725 den Choralkantaten-Jahrgang - wenige Wochen vor dessen Vollendung - abbrach. Die
Kantate Bleib bei uns denn es will Abend werden BWV 6 für den 2. Osterfeiertag 1725 ist das
erste neu komponierte Werk nach dem Abbruch des Projekts und folgt wieder dem eher klassischen
Kantaten-Modell an dessen Beginn ein biblisches Diktum steht.