Dass Edmund Husserl am Problem der Intersubjektivität gescheitert ist gilt als ausgemacht -
und ebenso welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Entgegen dem allenthalben pauschal
erklärten `Abschied vom Subjekt' spricht aber vieles dafür dass es in der gegenwärtigen
Sozialtheorie eher um eine Reformulierung transzendentaler Subjektivität geht. Diese
Interpretationsthese wirft ein neues Licht auf den sozialtheoretischen Diskurs der im
deutschen Sprachraum in den vergangenen dreissig Jahren vom Gegensatz von Jürgen Habermas' und
Niklas Luhmanns Theorien bestimmt war: `Diskurs' und `System' erscheinen als gegensätzliche
Versuche `Subjektivität' und `Interität' in ein theoretisch befriedigendes Verhältnis zu
setzen. Wenn aber - so die kritische These dieses Buches - weder die Reformulierung von
Subjektivität als `Interität' noch die Reformulierung von Subjektivität ohne `Interität' das
Problem der Intersubjektivität überzeugend löst ist dies ein Grund neuerlich in eine direkte
Auseinandersetzung mit Husserls Theorie transzendentaler Subjektivität einzutreten. Dabei
stellt sich heraus dass Husserls vielkritisierter und -skandalisierter Versuch den Sinn
`Anderer' im `Eigenen' zu fundieren in der transzendentalphänomenologischen Subjekttheorie
durch ein umgekehrtes Begründungsverhältnis konterkariert wird. Bei aller Problematik dieser
Theorieanlage - welche nur in Gegenwendung zu den Gewohnheiten der Husserl-Interpretation vor
allem aber auch zu Husserls Selbstinterpretation in den Blick kommt - zeigt sich dass der
phänomenologische Begriff des transzendentalen Subjekts seinen Reformulierungen als Diskurs und
als System in mancher Hinsicht überlegen ist.