Der beschleunigte soziale Wandel prägt nicht nur die öffentliche Aufmerksamkeit sondern auch
die Disziplinen die sich theoretisch und praktisch mit seinen Folgen auseinandersetzen.
Soziale Arbeit und Sozialpädagogik haben sich in den letzten hundert Jahren stark verändert.
Die vorliegende Publikation vereint Beiträge von Autorinnen und Autoren aus der Schweiz und aus
Deutschland die verdeutlichen welchem historischen Wandel Vorstellungen von Familie Kindheit
oder Erziehung unterworfen waren und wie diese Vorstellungen auf die Professionen
zurückwirkten. Im 19. Jahrhundert als im Zuge der Industrialisierung die soziale Frage von
Öffentlichkeit und Staat aufgegriffen wurde zielten Armengesetzgebungen und fürsorgerische
Massnahmen noch auf die Disziplinierung von «liederlichen Personen» - so wurden Menschen ohne
Arbeit und Perspektive oft genannt. Behörden massen Familien an bürgerlichen
Sittlichkeitsvorstellungen. Kinder und Jugendliche deren Eltern von Armut betroffen waren oder
dem propagierten Familienideal nicht entsprachen wurden in Heimen und Anstalten platziert. Der
Alltag in den Heimen war von harter Arbeit Körperstrafen und einer rigiden Disziplinierung
geprägt. Die pädagogischen Ideen der Aufklärung waren weit in den Hintergrund gerückt. Erst in
den 1920er-Jahren professionalisierte sich die Fürsorge durch das Wirken bürgerlicher
Pionierinnen allmählich. Die gesellschaftlichen Reformbewegungen der 1960er-Jahre besonders
die Frauen- und die Jugendbewegung führten zu einem weiteren Theorie- und Methodenschub und
zu tief greifenden Veränderungen in der Praxis.