»In meinem eigenen Land konnte mir nichts zustoßen und dennoch wuchs meine Unruhe je weiter
ich fuhr. Die Wirklichkeit war für mich immer eine unbekannte Größe gewesen« konstatiert der
männliche Erzähler in Anna Kavans Eis zu Beginn seines taumelnden Berichts während er einer
ihm gläsern erscheinenden Frau hinterherjagt und sie in die unendliche Wüste einer
postapokalyptischen Eislandschaft treibt. Während die zeitlose Handlung zwischen extrem
lebensfeindlicher Realität fieberhafter Halluzination und brutalen Traumgebilden im gleißenden
Licht verschwimmt schiebt sich der Text wie übereinanderknirschende Eisschollen immer tiefer
in das Leserhirn. Ob endzeitliche Science-Fiction-Story Allegorie einer lebenslangen
Heroinsucht ob Verarbeitung persönlicher Traumata oder Zeugnis zutiefst entfremdeten
Weltbezugs - wie auch immer die Kritik das Buch zu fassen versuchte: Kavans kristalline Prosa
zeugt von der zugleich unendlich leeren wie überkomplexen Wirklichkeit eines inneren Kontinents
weiblicher Empfindungen von seltener Dimension. Mit dem 1967 kurz vor ihrem Tod publizierten
Eis liegt nun erstmals das bekannteste und erfolgreichste Buch dieser Ausnahmeautorin auf
Deutsch vor.