Seit den 1960er Jahren lehnen KünstlerInnen AktivistInnen und TheoretikerInnen die gängige
Form des »Widerstands durch Neinsagen« als nicht ausreichend ab. Macht sich eine Kritik so der
generelle Zweifel die auf Negation beruht nicht abhängig von jenem System das sie überwinden
will? Bleibt sie nicht in einem Denken von Oppositionen Freund und Feind gefangen? Als Antwort
auf diesen Zweifel kam nicht eine einfache Umkehrung in Frage keine bloße Affirmation die
wie Adorno meinte schlicht Identifikation sei. Es handelt sich auch nicht um das Ja des Esels
um ein Abnicken oder das bloße Bejahen dessen was vorliegt. Vielmehr ging es darum die durch
Affirmation hervorgebrachte Differenz (Deleuze) die provozierte verdeckte Kehrseite das
Auslösen paradoxer Affekte oder die im Nachvollzug entstandene Analyse als widersprüchliches
Geschehen festzuhalten und nicht aufzulösen oder zu überwinden. Mit Formulierungen wie
'subversive Affirmation' 'negative Affirmation' 'Scheinaffirmation' 'affirmative
Übercodierung' 'Hyperaffirmation' 'Überidentifikation' 'Paradoxe Intervention'
'Symptomverordnung' 'Revolution des Ja' 'affirmative Sabotage' oder 'Counter-Mimicry' wurde
von ganz unterschiedlichen Seiten aus der Versuch unternommen das paradoxe Geschehen schon in
der Formulierung festzuhalten und zum Ausgangspunkt von Theorie und Kunst von Therapie und
Politik zu machen. Sylvia Sasse geht in ihrem Buch dieser kritischen Praxis in den Künsten der
Theorie der Psychologie und dem politischen Aktivismus nach. Sie fragt nach der Wirksamkeit
einer solchen Kritik und nach ihrer Aktualität in einer Zeit in der der Rechtspopulismus
ebenfalls mit scheinaffirmativen Verfahren operiert. Sie entwickelt dabei einen Entwurf für
eine performative Kritik die auf dem Nachvollzug und dem Aushalten des Widersprüchlichen
basiert. Eine Kritik die wenn man sie am Vermögen unterscheiden zu können orientiert das
Unterscheidenkönnen nicht einfach voraussetzt sondern selbst zum Gegenstand macht.