Das deutsche Privatfernsehen ist nicht eben bekannt für seine niveauvollen Diskussionsformate
umso überraschter hält der mitternächtliche Zapper inne wenn auf einem der Kanäle Sätze fallen
wie: »Ökonomischer Aberglaube ist so etwas wie das Spektrum bürgerlicher Tugenden« oder »Die
Lösungen liegen immer auf der Straße im Verkehr«. Er ist unzweifelhaft in eines der im
wahrsten Sinne des Wortes merkwürdigen Kulturmagazine von Alexander Kluge geraten. Alexander
Kluge der wohl eigensinnigste Autor Filmemacher Philosoph Kulturtheoretiker Regisseur
Medienpolitiker und Chronist Deutschlands produziert seit 1988 unabhängige Kulturmagazine im
deutschen Privatfernsehen. Seit 1994 ist der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl regelmäßiger
Gast in seinen Sendungen. Alexander Kluges charakteristische Interviewtechnik hat in ihm ihr
kongeniales Gegenüber gefunden. Ergebnis der beiderseitigen Passion sind über vierzig
Fernsehinterviews die eine eigene Kunst der zielführenden Abschweifung kultivieren und das
Genre völlig neu erfinden. Soll und Haben versammelt erstmals eine Auswahl dieser Gespräche in
Buchform. Das thematische Spektrum reicht quer durch die Zeiten und Kulturen. Ob Vogl jedoch
über Amoklauf spricht über Kapitalismus in Ostindien globalisierte Gefühle politische Tiere
oder den geheimen Zusammenhang von Terror und Macht Dichtung und Bürokratie Kluges
insistierende Präsenz bringt den Befragten nicht nur immer dazu mehr und anderes zu sagen als
das vorher Gewusste das öffentlich bereits Niedergelegte. Und immer ergeben sich auch
schlaglichtartige Erhellungen der aktuellen Verhältnisse: »Aus der Ferne kommt unser Nächstes
zurück«.