Die prominenten Bühnen des literarischen Betriebs haben sie beide eher gemieden den Roman den
man gelesen und das Stück das man gesehen haben muss sucht man in ihrem Werk vergebens. Als
Lyriker und Kurzprosaisten gehören Günter Eich und Rainer Brambach gleichwohl zu den
unverrückbaren Größen in der Literatur Deutschlands und der Schweiz nach 1945.Ihre Beziehung
leitete 1950 eine Leserzuschrift von Brambach ein auf die Eich ebenso erfreut wie überrascht
reagierte: Dass ihm jemand auf die Veröffentlichung dreier Gedicht in einer Zeitschrift schrieb
war er - in einem entlegenen Winkel Niederbayerns lebend - nicht unbedingt gewohnt. Erst beim
dritten Brief scheint Brambach einbekannt zu haben dass auch er Gedichte schrieb. Da war aus
der Korrespondenz schon eine Brieffreundschaft geworden die sich nach der persönlichen
Begegnung noch intensivierte. Bis Eichs Tod im Jahr 1972 sollten beide füreinander die Person
bleiben der sie alles anvertrauen konnten.Diese Unverbrüchlichkeit ist umso erstaunlicher als
beide unterschiedlichen Ländern Generationen und sozialen Milieus entstammten. Eichs
literarische Anfänge reichten bis in die Zeit vor 1933 zurück. Er war bereits ein erfahrener
und anerkannter Autor als Krieg und Zerstörung Europa in Schutt und Asche legten. Eich erlebte
das Jahr 1945 in britischer Kriegsgefangenschaft und schrieb mit dem Gedicht Inventur den Text
der für eine ganze Epoche zur Signatur wurde. Brambach - zehn Jahr jünger - erlebte diese Jahre
zwar in der verschonten Schweiz wollte sich deren bürgerlicher Ordnung jedoch so wenig
anpassen dass er hinter Gittern landete. Ein Außenseiter blieb er auch später schlug sich als
Gartenbau-Arbeiter durch hatte aber vielleicht gerade deswegen die urwüchsige Kraft dessen
der nicht aus Bildung sondern aus der Intensität von Rhythmus und Welterfahrung dichtet. Eich
als der Ältere war da zerebraler und skeptischer doch nahm ihn Brambachs rauschhafte Verve
jedesmal unwiderstehlich mit so dass er - der spröd wie ein Sparkassenangestellter erscheinen
mochte - in Gesellschaft des Jüngeren zu einer tragenden Stimme des Kneipengesangs avancieren
konnte. In ihre Briefe kommt denn auch das gesamte Spektrum ihrer Lebensumstände zur Sprache:
die literarische Arbeit mit allen Höhen und Tiefen des Scheiterns und Gelingens die
wechselvollen Erfahrungen in den Dingen der Liebe und des familiären Lebens die Wonnen des
Weingenusses und die Nöte der pekuniären Verhältnisse der Klatsch des Literaturbetriebs und
die unberechenbaren Launen des sogenannten Erfolgs. Es sind Briefe in denen sich viele Tonlagen
mischen: tiefe Herzlichkeit und kritische Abwägung Freude am Albernen und Galgenhumor
angesichts der verqueren Weltläufte. Nur langweilig sind sie nie.