Spätestens ab 2050 dürfen die Schweiz und die EU nur noch so viele Treibhausgase ausstoßen wie
der Atmosphäre auch wieder entzogen werden. Um dieses Netto-Null-Ziel zu erreichen gibt es
verschiedene politische Instrumente. Eines der wichtigsten ist das marktbasierte
Emissionshandelssystem in dem Rechte für den Ausstoß von CO2 gehandelt werden. Es gilt für
Unternehmen aus der Schwerindustrie und der fossilen Energieproduktion also für die mit den
höchsten Emissionen. Alex Tiefenbacher und Luca Mondgenast haben diesen Spezialdeal unter die
Lupe genommen und kommen zum Schluss: Bis anhin schützte das vermeintliche
Klimaschutzinstrument nicht das Klima sondern vor allem die Konzerne. 'So wie das System in
der vergangenen Handelsperiode ausgestaltet war ist das EHS viel eher eine millionenschwere
Subventionierungsmaschine für emissionsstarke Unternehmen als ein griffiges Instrument zur
Reduktion von Treibhausgasen.' Die Europäische Union und die Schweiz setzen im Kampf gegen die
Klimakrise auf das Emissionshandelssystem (EHS). Es ist eines der wichtigsten politischen
Klimaschutzinstrumente und gilt vorwiegend für große Industriebetriebe mit hohen Emissionen wie
Zementwerke Raffinerien Papierfabriken Aluminium- und Stahlkonzerne oder Pharmaunternehmen.
Diese müssen für jede ausgestoßene Tonne Treibhausgase ein entsprechendes Emissionsrecht
vorweisen. Überschüssige Emissionszertifikate können untereinander oder über die Börse
gehandelt werden was Anreiz für Emissionsverminderung bietet. In der Schweiz sind
EHS-Unternehmen dafür von der CO¿-Abgabe befreit. Alex Tiefenbacher und Luca Mondgenast haben
erstmals umfassend untersucht was die Teilnahme am Schweizer Emissionshandelssystem für die
einzelnen Firmen bedeutet. Sie zeigen: Von 2013 bis 2020 bezahlten die größten
Umweltverschmutzer über das EHS zusammen schätzungsweise nur 92 Millionen Franken - einen
Bruchteil ihrer verursachten Klimakosten. Die meisten Emissionsrechte bekamen sie geschenkt.
Einige Firmen erhielten mehr Gratisrechte als sie für ihre Treibhausgasemissionen benötigten
und könnten diese gewinnbringend verkaufen. Müssten sie wie die Schweizer Haushalte und KMUs
für all ihre Emissionen die normale CO¿-Abgabe bezahlen hätte sie das 2 9 Milliarden Franken
gekostet. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen war vergleichsweise gering und es wurden
wenig wirklich transformative Klimainvestitionen getätigt. Geplante Reformen der EU sollen das
EHS aus der Geiselhaft der globalisierten Industrie befreien und eine tatsächliche
Dekarbonisierung einleiten. Ob dies gelingt und ob die Schweiz mitzieht wird sich erst noch
zeigen müssen.