Aus kulturwissenschaftlicher Perspektive steht Friedrich der Große in einer historischen
Konstellation die aufschlußreiche Einblicke in die spezifischen Möglichkeiten und Grenzen
eines Bündnisses von Geist und Macht im Kontext der europäischen Aufklärung eröffnet. Als roi
philosophe in seiner Doppelrolle als König und Philosoph gelang es ihm dem Ideen- und
Kulturtransfer (von West- nach Mitteleuropa) nachhaltige Impulse zu geben und die Dynamik der
soziokulturellen Modernisierung auf der Grundlage der grenzüberschreitenden transnationalen
Kulturbeziehungen zu intensivieren. Dabei verkörperte er die Rolle eines entscheidenden Akteurs
weil er sich in Abkehr von der höfischen Konvention als ein Intellektueller auf dem Thron
verstand und dies als Autor eines umfangreichen Werkes auch sichtbar unter Beweis stellte.
Zugleich nahm er diese Aufgabe als Herrscher wahr entschlossen auch auf der politischen Bühne
eine entscheidende Rolle zu spielen. Die mit seiner Person verknüpftenAttribute Kultur und
Politik oder Geist und Macht sind mit seiner Person untrennbar verknüpft und galten ihm selbst
keineswegs als inkompatibel. Dennoch unterzogen bereits Zeitgenossen die friderizianische
Verknüpfung von (politischer) Macht und (allgemeiner) Kulturentwicklung einer grundsätzlichen
Kritik. Diese Kritik wiegt umso mehr als sie sich wie etwa im Falle Voltaires auf dieselben
aufgeklärten Ideen berief die Friedrich für sich in Anspruch nahm. Die Beiträge des
interdisziplinär konzipierten Bandes von Literaturwissenschaftern Kunsthistorikern
Kulturwissenschaftlern und Kulturhistorikern beleuchten das von Friedrich II. angestrebte
Bündnis von Geist und Macht kritisch und erörtern die Frage nach seiner historischen Funktion
als Akteur der europäischen Kulturgeschichte.