Dieses Kompendium dokumentiert erstmals vollständig und methodisch reflektiert die Sentenzen
und Sprichwörter in den deutschen Artus- Gral- und Tristanromanen des Mittelalters und
erschließt damit eine wichtige zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit aufgespannte
kommunikativ-pragmatische Dimension der höfischen Versromane. In einem differenzierten
Gesamtverzeichnis werden die Sentenzen in 21 Romanen aus einem Zeitraum von ca. 100 Jahren (ca.
1170-1300) gesammelt im narrativen Kontext abgebildet über eine Sinnparaphrase semantisch
erläutert durch den Nachweis von Parallelstellen im Sentenzen-Netzwerk des jeweiligen Werks
verortet und mittels Belegen aus der Bibel und der lateinischen bzw. volkssprachlichen
Literatur des Mittelalters in die zugehörige Anwendungstradition eingeordnet.Das Kompendium
fundiert damit nicht nur die Theorie der mediävistischen Sentenzen- und Sprichwörterforschung
neu sondern rekonstruiert über die Abbildung der einzelnen Belege hinaus werkimmanente
'Sentenzen-Netzwerke' die interpretatorisch von großer Bedeutung sind und aufzeigen wie sehr
im hohen Mittelalter schriftliterarische Erzählhandlungen von mündlich vermittelten
Wertmaßstäben und allgemeinem 'Weltwissen' durchzogen sind. Die narrativ eingebetteten
Sentenzen tragen maßgeblich zur Lenkung des Lesers und zur semantischen Aufladung der
Handlungselemente bei indem sie allgemein akzeptiertes Orientierungswissen in die fiktionalen
Texte integrieren und diese damit kausal bzw. ethisch autorisieren.Durch die tabellarische
Dokumentation des Materials geraten hier erstmals die Quantität aber auch die kommunikativen
Leistungen der in die Romane eingearbeiteten Sentenzen systematisch in den Blick. Das Werk
berücksichtigt die neueste Forschung zur Sprichwortforschung und ist ein wichtiges Hilfsmittel
sowohl für die Erforschung der berücksichtigten einzelnen Romane als auch der Poetik der
epischen Literatur des Mittelalters im Ganzen. Neben dem eigentlichen Tabellenwerk stellt die
ausführliche Einleitung die methodischen Grundlagen des Handbuchs sowie den
gattungsgeschichtlichen und textpragmatischen Erkenntniswert des dokumentierten Textkorpus dar.
Das aus einem DFG-Projekt hervorgegangene Kompendium ist eine Gemeinschaftsleistung der
Universitäten Bochum und Münster.