Lyrik wird in der Regel als eigenständige Gattung betrachtet - in Abgrenzung zu erzählenden und
szenisch vermittelnden Texten. In dieser Publikation soll mit Bezug auf Kategorien der
Erzähltheorie herausgearbeitet werden dass auch Gedichte grundlegende Eigenschaften
(insbesondere die perspektivierte Vermittlung sequentiell organisierter Ereignisse) aufweisen
die als Kennzeichen von Narrativität gelten. Damit ergeben sich zum einen wichtige Revisionen
für die Gattungstheorie zum anderen werden die Verfahren zur Textanalyse von Gedichten
erheblich erweitert und präzisiert - auch unter Einbezug der Schema-Theorie im Sinne der
Kognitionspsychologie. Ein einleitendes Kapitel entwickelt in detaillierter Weise das
narratologisch fundierte Konzept zur Interpretation von Lyrik-Texten die nicht den erzählenden
Gedichten im engeren Sinne (also Balladen und Romanzen) zuzgeordnet werden. Die nachfolgenden
Analysen zu 20 Beispieltexten von Autoren die weithin dem Lyrik-Kanon zuzurechnen und in
wichtigen Anthologien vertreten sind werden in einem abschließenden Kapitel im Hinblick auf
poetologische Probleme und charakteristische literaturgeschichtliche Konstellationen
ausgewertet.