Die Archäologien gelten als junge Wissenschaften da sie erst vom 19. Jahrhundert an zu
universitären Fächern wurden. Die Ur- und Frühgeschichte beruft sich auf die skandinavische
Tradition die Klassische Archäologie auf Winckelmann. Ältere als antiquarisch bezeichnete
Arbeiten wurden lange ignoriert weil sie als unwissenschaftlich galten. Eine vergleichende
europäische Wissenschaftsgeschichte archäologischen Forschens vor dessen Institutionalisierung
ist deshalb ein Desiderat. Die Autorin füllt diese Lücke indem sie in ihrem zweibändigen Werk
Arbeiten mit archäologischem Inhalt aus verschiedenen europäischen Ländern auf ihre
grundlegenden Konzepte Fragestellungen und Methoden hin untersucht. In Studien zu einzelnen
Arbeitsschritten geht sie u. a. der Frage nach inwieweit und unter welchen sozialen und
politischen Bedingungen vor der akademischen Fachbildung methodische und konzeptuelle
Arbeitsnormen entstanden und sich durchsetzen konnten. Sie kann zeigen dass archäologische
Quellen seit der Antike als wissenschaftliche Beweise dienten und Untersuchungsmethoden dafür
zielgerichtet entwickelt wurden. Im ersten Band behandelt Sasse theoretische Fragen und den
Zeitraum von der Antike bis 1630 in zwei parallel aufgebauten Epochendarstellungen. Spezifische
Fragen in diesem Band sind die Anwendung antiker Methoden in der italienischen Renaissance die
Bedeutung des Humanismus der entstehenden Naturwissenschaften sowie der Religionskonflikte und
der Verbreitungsprozesse in Europa. Die Autorin zeigt inwieweit antike Historiker mit
archäologischen Quellen und Methoden arbeiteten und dass die Renaissancearchäologie schon
Methoden besaß mit denen sie Grundlagen für eine Historisierung schriftloser Denkmäler legen
konnte. Im zweiten Band behandelt Sasse die Zeit von 1630 bis 1852. Sie erfasst damit die
Epochen der beginnenden Institutionalisierung die von der Entwicklung der Grabungsmethodik
geprägt ist sowie der Erfindung des Dreiperiodensystems als heute noch gültiges ur- und
frühgeschichtliches Fachparadigma. Skandinavien das deutsche Sprachgebiet England und
Frankreich stehen hier im Fokus. Deutlich wird dass einige Ergebnisse seit 1660 wesentlich zur
europäischen Säkularisierung beitrugen. Erst die Methoden zur Beobachtung und Bearbeitung von
Fundkomplexen und die Definition kultureller Kontexte seit 1750 jedoch schufen die
Voraussetzung zur Formulierung tragfähiger Fachparadigmen.