Bereits die frühesten Journale aus der Studentenzeit lassen Søren Kierkegaards Beschäftigung
mit J. G. Fichtes Bestimmung des Menschen erkennen. Der Einfluss dieser Schrift stand neben der
frühen Wissenschaftslehre im Zentrum der bisherigen Erforschung des Verhältnisses Kierkegaards
zu Fichte. Der Umfang von Kierkegaards Fichte-Kenntnis lässt sich unter philologischen
Gesichtspunkten nur schwer bestimmen. Die Leitfrage des vorliegenden Sammelbandes ist daher
eine systematische: Inwieweit greift Kierkegaard in seiner Auseinandersetzung mit Hegels
absolutem Idealismus auf Prinzip Methode Terminologie und praktische Absichten Fichte schen
Denkens zurück? Die Beiträge des Sammelbandes verfolgen diese Fragestellung von Kierkegaards
Dissertation Über den Begriff der Ironie (1841) bis zur Krankheit zum Tode (1849). Das
thematische Spektrum reicht von der Theorie des Selbstbewusstseins über die ethische
Grundlagenreflexion bis zur anthropologischen Basis religiöser Selbstinterpretationen. Der
Nachweis systematischer Bezüge zwischen beiden Autoren leistet einen wichtigen Beitrag zur
Verortung von Kierkegaards philosophischen Schriften im Diskussionskontext des Deutschen
Idealismus. Er korrigiert gängige Auffassungen über den Weg der Philosophie zwischen Hegel und
Kierkegaard.