Wir meinen uns die Selbstblendung des Ödipus den brennenden Herakles den blutüberströmten
Agamemnon in der Badewanne lebhaft vorstellen zu können und sollten diese Szenen doch nach den
Konventionen des griechischen Theaters in Wahrheit nie gesehen haben. Es ist in der
griechischen Tragödie nicht üblich Gewalt auf der Bühne zu zeigen sie findet verborgen vor
den Augen der Zuschauer statt. Dabei spielen bühnentechnische Probleme religiöse Konventionen
und ästhetische Überlegungen gleichermaßen eine Rolle. Welche Darstellungsformen die Tragiker
stattdessen wählten das Schreckliche emotional höchst wirkungsvoll auf der Bühne zu
präsentieren stellt die vorliegende Arbeit zunächst systematisch zusammen und untersucht
daraufhin an ausgewählten Beispielen aus den Werken aller drei griechischen Tragiker
vergleichend welche ästhetischen Möglichkeiten die jeweiligen Darstellungsweisen bieten in
welche Richtung ihre spezifische emotionale Wirkung geht und welche dramatischen Vorzüge sie in
der Gesamtkomposition der jeweiligen Tragödie aufweisen. Hierfür werden nicht nur die Tragödien
selbst sondern auch poetologische Überlegungen anderer zeitgenössischer Autoren sowie die
Poetik des Aristoteles in die Untersuchung einbezogen.