Der 'Roman in Briefen' gehört zu den erfolgreichsten literarischen Gattungen des 18.
Jahrhunderts er gilt als Inbegriff des 'europäischen Sentimentalismus'. Bei näherem Hinsehen
aber erweist sich dieses Urteil als trügerisch wird es doch weder der reichen Tradition des
Briefromans vor Richardson noch seinen vielgestaltigen Ausprägungen im 18. Jahrhundert gerecht.
Diese lassen sich einer empfindsamen Tradition ebenso wenig zurechnen wie bedeutende
philosophische Reflexionsformen der Gattung um 1800. Selbst Goethes 'Werther' einer der
Gründungstexte des modernen Bewusstseinsromans ist in seiner poetischen Logik nur unzureichend
erfasst wenn man ihn als Ausdruck einer Epoche liest.Der komparatistisch angelegte Band stellt
den Facettenreichtum des europäischen Briefromans in exemplarischen Einzelinterpretationen vor
und fragt nach den Gründen für seine erstaunliche Karriere indem er wissens- und
mediengeschichtliche Kontexte der Gattung in den Blick rückt. So werden Konturen einer
Gattungsgeschichte sichtbar die das Verhältnis von Einzeltext und Gattung neu bestimmt.