Das Interesse am Mythos ist aus der europäischen Kultur- und Literaturgeschichte nicht
wegzudenken. Es hat seinen Niederschlag in einer beinahe unüberschaubaren Vielzahl
wissenschaftlicher Mythostheorien sowie in einer vielgestaltigen literarischen und
künstlerischen Mythenrezeption gefunden. Dass dieses Interesse dabei nicht zuletzt dem Mythos
als Zeugnis des Fremden gilt ist die zentrale These der Studie. Mit dem neu eingeführten
Begriff der mythologischen Alterität soll in diesem Sinne eine - bislang in ihrer Bedeutung
sowie in ihrer Produktivität unterschätzte - Konstante im neuzeitlichen Mythosverständnis bzw.
eine Gemeinsamkeit verschiedener Mythosauffassungen in den Fokus gerückt werden. So wird zum
einen gezeigt dass zahlreiche Theorien des Mythos (von Giambattista Vico und David Hume bis zu
René Girard und Hans Blumenberg) ihre Gegenstände als Zeugnisse des kulturell oder auch des
radikal Fremden beschreiben und interpretieren. Zum anderen wird anhand verschiedenartiger
Beispiele aus der englischen Literatur vom 19. bis zum frühen 21. Jahrhundert erläutert
inwiefern auch in der literarischen Mythenrezeption das Fremde bzw. Differenzen von Eigenem und
Fremdem thematisch und formal virulent werden.