Der Konflikt zwischen den Altlutheranern und der preußischen Regierung 1830 bis 1845 spezielle
in Schlesien wurde bisher überwiegend aus kirchengeschichtlicher Perspektive betrachtet. Dieser
Auseinandersetzung kommt jedoch eine breitere historische Bedeutung zu. Da der Monarch die
staatliche Religionspolitik bestimmte war die Ablehnung seiner Hoheitsrechte über die
lutherische Kirche eine Herausforderung an die absolute Autorität des Staates. Zudem spiegelt
die Unfähigkeit des Staats diesen Konflikt zu lösen seine zu jener Zeit charakteristische
Unbeweglichkeit wider und weist auf latente Konfliktfelder und staatsrechtliche Defizite hin.
Die Überzeugungstreue der Altlutheraner konnte weder durch Geldstrafen noch durch illegale
Strafverfolgung nicht einmal durch einen Militäreinsatz gehemmt werden. Mit ihrer
erfolgreichen Weigerung die Bestimmungen des Monarchen in Kirchenangelegenheiten zu
akzeptieren verwarfen sie eine herkömmliche staatlich-sanktionierte Vorgehensweise und
förderten die Entwicklung einer moderneren Beziehung zwischen den Bürgern und dem Staat.