In Baudelaires und Flauberts berühmtesten Werken Les Fleurs du Mal und Madame Bovary kommt
dem ennui der epochenspezifischen Ausformung der Melancholie eine zentrale Rolle zu: In
Baudelaires Gedichtzyklus versucht der lyrische Sprecher Gedicht um Gedicht dieses 'schlimmste
aller Laster' immer wieder aufs Neue erfolglos zu überwinden und Flauberts Emma Bovary
empfindet ein ständiges Ungenügen von dem sie sich ebenso unaufhörlich wie vergeblich zu
befreien versucht.Es ist die gleiche Struktur eines unstillbaren Begehrens die den Fleurs du
Mal wie Madame Bovary zugrunde liegt: Dem melancholischen lyrischen Sprecher wie der
melancholischen Romanheldin erscheint die Welt grundsätzlich als defizitär weshalb alles Neue
eine Erlösung von dieser elementaren Mangelhaftigkeit zu versprechen scheint.Doch gehört es zum
Wesen dieses Neuen dass es sobald es erscheint zu etwas Altem wird das es nun seinerseits
zu überwinden gilt.Auf diese Weise wird eine Suche in Gang gesetzt die kein Ende findet und
die als bewusst gestaltete Analogie zur modernen Ästhetik gedeutet werden kann - einer Ästhetik
in der die Kategorie des Neuen an die Stelle der alten Kategorie des Schönen tritt.