Das Ziel der Studie ist eine Neulektüre von Haroldo de Campos' polyphonem Weltgedicht Galáxias
(1984) das bisher vor allem im Kontext der konkreten Poesie und des lateinamerikanischen
Neobarock besprochen wurde. Jasmin Wrobel zeigt dass das Werk vielmehr als poetisches
Zeitzeugnis des Jahrhunderts der Katastrophen zu lesen ist: die Referenzen auf traumatische
historische Ereignisse - insbesondere auf die Shoah und den europäischen Faschismus - verankern
sich als 'Stolpersteine' in der Textarchitektur der Galáxias eine Konzept-Metapher die in der
Untersuchung in erster Linie von Gunter Demnigs Mahnmal-Projekt hergeleitet wird. In der
Analyse wird erörtert wie diese 'textuellen Stolpersteine' zu Momenten des Innehaltens und
Verstehens an der hermetischen neobarocken Textoberfläche führen und wie sie sich zu einer
'Poetik des Stolperns' fügen. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung von Haroldo de
Campos' Europareisen 1959 und 1964 aufgezeigt die sich als interpretatorische Schlüsselrouten
für das Werk erweisen. Die Begegnung mit dem US-amerikanischen Dichter Ezra Pound 1959 wird
hierbei als eigener 'Stolperstein' auf de Campos' Weg zu den Galáxias identifiziert.