In den Literaturen und Kulturen der ehemaligen Kolonien Frankreichs Spaniens und Portugals
finden kleine Formen wie Aphorismen und Sprichwörter auffallend häufig Verwendung sowohl in
Form von Aphorismen- und Sprichwörtersammlungen als auch eingebettet in narrative dramatische
lyrische essayistische oder journalistische Texte. Kern der untersuchten geographischen
Gebiete bilden die Karibik sowie die historisch und politisch mit ihr eng verbundenen Regionen
in Lateinamerika Afrika und Europa.Entgegen der literaturgeschichtlichen Tendenz das
gelehrt-literarische Genre des Aphorismus und die populäre Gattung der Sprichwörter strikt
voneinander zu trennen betrachtet die Autorin diese beiden Formen als Teil eines
Gattungsarchipels in dem unterschiedliche kleine Formen durch ein Netz von Ähnlichkeiten
miteinander verbunden sind. Auf dieser Grundlage zeigt sie Funktionsweisen kleiner Formen
jenseits traditioneller Kategorisierungen auf: Kleine Formen bewegen sich in den untersuchten
post-kolonialen Kontexten zwischen lebenspraktischer Einbettung und künstlerischer Autonomie
zwischen lokalem Bewusstsein universellem Anspruch und Kosmopolitismus zwischen
ethnographischer Vereinnahmung und kulturellem Widerstand.