Seit 130 Jahren bemüht sich die sprachwissenschaftliche Forschung vergeblich um eine plausible
Erklärung des sog. Präteritumschwunds: dem Verlust der Präteritumformen im gesprochenen
Deutsch. Die vorliegende Arbeit setzt an diesem Desiderat an und führt in innovativer Weise
Theoriebildung Erkenntnisse und Methoden aus unterschiedlichen linguistischen Disziplinen -
Dialektologie Sprachgeschichte Grammatikforschung Tempus & Aspekt-Forschung - ertragreich
zusammen. Die Studie liefert zum einen eine umfassende Dokumentation des Präteritumschwunds in
Raum und Zeit. Dazu werden in Form einer Metanalyse zahlreiche Dialektgrammatiken Sprachkarten
und Korpusstudien ausgewertet und zu einem Gesamtbild zusammengefügt. Die gestaffelte
Verteilung von Präteritumformen im Raum sowie die historische Entwicklung lassen auf eine
sukzesssive und prinzipiengeleitete Verdrängung der Präteritumformen durch die expandierende
Perfektform schließen. Zum anderen wird auf Basis von modernen theoretischen Konzepten eine
Erklärung erarbeitet die neben der Ursache des Prozesses auch weitere Faktoren des
Präteritumschwunds bestimmt und eine europäische Perspektive eröffnet.