Wie wird in Zeiten der Ausnahme regiert? Diese Frage kennzeichnete die Geschichte des
Reichsfinanzministeriums die am Ende des Ersten Weltkrieges begann und mit dem moralischen und
ökonomischen Bankrott des nationalsozialistischen Regimes endete. In ihrer breit angelegten
Monografie untersucht Stefanie Middendorf den Mikrokosmos dieses Ministeriums in den krisen-
und kriegsgetriebenen Jahrzehnten zwischen 1919 und 1945 und legt zugleich eine tiefgreifende
Analyse bürokratischer Macht unter den Bedingungen von Demokratie und Diktatur vor. Die Studie
zeichnet die Staatsvorstellungen der Beamtenschaft ebenso nach wie die Regierungstechniken des
ministeriellen Apparates und die internationalen Resonanzräume der Haushaltspolitik. Über den
historischen Moment von 1933 hinweg blieb das Reichsfinanzministerium überraschend stabil
zugleich getrieben von Erwartungen an entschlossene politische Führung. Die Beamtenschaft des
Ressorts erlebte verschiedene Aggregatszustände der Ausnahmeherrschaft und trug ihrerseits dazu
bei die Spielräume staatlicher Ermächtigung immer wieder auszudehnen bis in den neuerlichen
Kriegszustand und die nationalsozialistische Vernichtungspolitik. Die Autorin zeigt mit diesem
Buch dass die technokratische Praxis von Staatsverwaltungen als eminent politische Dimension
einer Geschichte des Regierens zu verstehen ist.