Der Sammelband hervorgegangen aus dem Zürcher Jubiläumskongress 2019 erschließt Kellers
Erzählwerk als Laboratorium einer transitorischen Poetik. So interpretiert Keller nicht nur aus
der Vormoderne überlieferte literarische Gattungen (wie z.B. die Legende) neu sondern prägt
u.a. mit Bildungsroman und Novelle auch diejenigen Formen in denen das moderne Subjekt
psychologisch vermessen wird. Zugleich gelingt es ihm etwa in den »Züricher Novellen« sowie
natürlich in den »Leuten von Seldwyla« Hetero- Dys- und Utopien zu entwerfen und durch
Realitätsverdoppelungen mögliche Welten zu schaffen mit denen die Grenzen von Faktualität und
Fiktionalität neu verhandelt werden. Es ist dabei gerade das Wechselspiel zwischen der
'Künstlichkeit' des Wirklichen und der 'Wirklichkeit' von Kunst in dem Keller sich als
moderner Narratologe erweist. Der Systematisierung dieser Erzählkunst gehen die hier
versammelten Beiträge nach - und erkunden Kellers Texte als Zeugnisse einer
'Schwellennarratologie' die sich epochalen Zuschreibungen entzieht wo sie nicht diese
vielmehr selbst zur Diskussion stellt.