Kaum eine philosophische Strömung hat das deutschsprachige 18. Jahrhundert so nachhaltig
geprägt wie der Rationalismus Leibniz-Wolffscher Prägung. Und kaum eine Frage hat die
zeitgenössischen Diskurse so entschieden beeinflusst wie die nach der Beziehung von
Sinnlichkeit und Verstand und der damit verbundenen Vorstellung vom Menschen. Auf breiter
Textbasis und in eingehender Quellenarbeit rekonstruiert die Studie das facettenreiche
Verhältnis von Sinnlichkeit und Verstand anhand zentraler Denkstrukturen und Termini in
Psychologie Moralphilosophie und Kunsttheorie und legt so die konzeptuellen und
theoriegeschichtlichen Bedingungen einer Aufwertung der Sinnlichkeit zu Beginn des 18.
Jahrhunderts frei. Wolff und Gottsched erweisen sich nicht als Vorgeschichte einer
fortschrittlichen an der Sinnlichkeit orientierten Kunsttheorie sondern wie Baumgarten als
ein sie bestimmender Teil. Die in ihren Schriften artikulierten durchaus positiven
Konzeptionen von Sinnlichkeit haben die Rezeption sinnlichkeitsorientierter Konzepte britischer
oder französischer Denker ermöglicht. Und so lässt sich über Lessing Sulzer und Mendelssohn
bis hin zu Herder Schiller und Goethe die Wirkmacht der rationalistischen Sinnlichkeit
verfolgen.