Ovids Sammlung von 14 Briefen mythischer Frauen und der Dichterin Sappho sowie von drei
Briefpaaren in denen jeweils eine mythische Frau auf das Schreiben des um sie werbenden bzw.
bereits von ihr geliebten Mannes antwortet sind in ihrer Art ein einmaliges Werk innerhalb des
gesamten Spektrums der antiken Literatur. Der augusteische Dichter lässt berühmte
Sagengestalten wie Penelope und Medea ihre Klage über die Abwesenheit des geliebten Mannes die
in den meisten Fällen unwiderruflich ist artikulieren. Dabei zeigt er einerseits
psychologische Einfühlung die zur Identifikation anregt andererseits treibt er ein
geistreiches literarisches Spiel mit der zeitgenössischen Gattung der römischen Liebeselegie.
Dort lässt das Dichter-Ich seine Liebesklage vor dem realen Hintergrund des
frühkaiserzeitlichen Geschlechterdiskurses ertönen hier bildet die Sagenwelt z. B. die des
Trojanischen Krieges die unveränderlich vorgegebene "Realität" mit der die Frauen sich
konfrontiert sehen. Dadurch entsteht eine für Kenner der antiken Dichtung reizvolle Spannung.
Den mit neuzeitlicher Literatur Vertrauten präsentieren sich die drei Briefpaare als Vorläufer
der Gattung des besonders im 17. 18. Jahrhundert beliebten Briefromans.