Religion ist ein Befreiungsgeschehen. Die christliche Dogmatik deutet diese Befreiung als
Selbstoffenbarung Gottes. Diese Doppelthese kennzeichnet die liberale Theologie von Richard
Adelbert Lipsius (1830-1892). Mario Berkefeld verfolgt sie in seiner werkbiografischen Studie
und führt damit hinein in die formenden Diskurse liberaler Theologie im späten 19. Jahrhundert.
Auf den Schultern Schleiermachers hat Lipsius einen eigenen Typ neukantischer Theologie
ausgebildet der zwischen der spekulativen Theologie Alois Emanuel Biedermanns und der
aufstrebenden Ritschl-Schule zum Stehen kommt. Ihm ist es um die Selbstständigkeit des Glaubens
seine Vereinbarkeit mit dem Wissen und vor allem um das freiheitsphänomenologische Potential
christlicher Dogmatik zu tun. Lipsius' freisinnige Theologie ahnt: Der Freiheit wohnt ein
Geheimnis inne das ihr unendlichen Wert verleiht.