Die Preisträgerin des Dr. Leopold Lucas-Preises des Jahres 2022 Maren Niehoff gibt in dieser
Preisrede exemplarischen Einblick in ihre innovativen Studien zum Verhältnis von jüdischer und
hellenistischer Kultur in der Antike. Anhand der Rezeption Alexanders des Großen in der
griechisch-römischen jüdisch-hellenistischen und rabbinischen Literatur zeigt sie
paradigmatisch die Wechselbeziehungen und Aushandlungsprozesse zwischen Judentum und
Hellenismus. Sie zeigt dass Judentum und Hellenismus sich im Laufe der Spätantike nicht etwa
voneinander trennen sondern sich weiterhin im politisch-kulturellen Rahmen des Römischen
Reiches gegenseitig befruchten. Die verschiedenen jüdischen Autoren verorten sich mit ihrer
Alexanderdeutung individuell je neu in diesem komplexen Dreiecksverhältnis und können nicht
einfach auf feste ethnische oder religiöse Schemata reduziert werden. Damit streicht Niehoff
über die konkrete Epoche hinaus die Bedeutung und die Verantwortung des Individuums
nachdrücklich heraus.