Die Architektur des Brutalismus erlebt seit einigen Jahren eine Neubewertung - eine breitere
Öffentlichkeit hat diese Wertschätzung noch nicht erreicht. Das ist kaum verwunderlich stellen
die 1960er-1980er Jahre doch eine lange Zeit vernachlässigte Periode dar die zudem heterogen
und nicht leicht auf einen Begriff zu bringen ist.Trotz ihres weltweit markanten Auftritts
erfüllen die Bauten dieser Jahrzehnte eine Brückenfunktion zwischen der Kritik und Absage am
Formenkanon der Klassischen Moderne und der neu erwachten Geschichtslust der Postmoderne.
Welchen Platz aber nehmen sie für sich in der Geschichtsschreibung der Moderne in Anspruch?Das
Buch Brutalismus in Österreich verschafft in neun Länderportraits des heimischen Bauschaffens
erstmals einen Überblick über die regionale österreichische Architekturproduktion nach dem
Wiederaufbau. Die in dieser Anthologie versammelten Wissenschaftsessays nehmen ihren Ausgang
bei konkreten Analysen zentraler Bauwerke und verorten sie anhand ihrer spezifischen
gesellschaftspolitischen und sozialen Rahmenbedingungen in der Baugeschichte der
Bundesländer.Vor dem Hintergrund internationaler Tendenzen und dem Einfluss der Protagonisten
der österreichischen Architekturszene auf lokale Akteure eröffnet sich so ein Spannungsfeld aus
Rezeption und Produktion das der Topografie einer spezifischen österreichischen Baulandschaft
erste Konturen verleiht. Eine dezentrale Baukultur tritt aus ihrer Anonymität: Von dominanten
Architektenpersönlichkeiten zu einflussreichen Netzwerken von regionalen Problemstellungen und
Bauaufgaben zur Abhängigkeit von den Hochschulen oder den Bestrebungen der Landespolitik -
dieser Band nimmt die Aufmerksamkeit für eine spröde Phase der Architekturgeschichte zum Anlass
für eine Entdeckungsreise zu den Schattierungen der Spätmoderne.