Wie gehen professionelle Einkäufer im Business-to-Business mit Verkäufern um? Als Partner oder
als Gegner? Unter der Hand klagen viele Verkäufer über psychische Gewalt durch Einkäufer die
von Beleidigungen bis zu persönlichen Drohungen reiche. Die vorliegende Ethnografie untersucht
die Lebenswelt von Einkäufern im Automobilbereich und anderen Branchen anhand von Interviews
und Beobachtungen bei der Arbeit. Dabei zeigt sich der Frontline-Job des Einkäufers als
Gegenstück zu der Emotionsarbeit die A.R. Hochschild (1983) bei Service-Arbeitern fand:
Einkäufer leisten Rationalitätsarbeit bei der sie die Lieferantenbeziehung
ent-emotionalisieren und versachlichen. Aggression beschreiben die Einkäufer dabei als
rationales Mittel um unter Druck ihre Einsparungsvorgaben zu erreichen. Doch so wie das
permanente berufsmäßige Lächeln bei Hochschilds Servicekräften psychische Spuren hinterließ
geht auch die berufsmäßige Sachlichkeit nicht spurlos an Einkäufern vorüber: Aus taktischer
Rationalität und Aggressivität wird verinnerlichte Rationalität und Aggressivität die in das
Privatleben der Einkäufer überschwappt. Mit der Zeit entkoppeln sich Einkäufer moralisch von
ihrer Aggression - durch Mechanismen die denen bei Soldaten im Krieg Gefängniswärtern und
Terroristen erschreckend ähneln. Die Studie verdeutlicht die Schattenseiten der ökonomischen
Rationalität und der Kunde ist König-Mentalität in unserem Wirtschaftssystem. Die letzten
Jahrzehnte haben psychische Gewalt in vielen Gesellschaftsbereichen problematisiert von der
Schule über die Ehe und das Filmgeschäft bis zum Wehrdienst. Doch es besteht ein
vergleichsweise geringes gesellschaftliches Problembewusstsein bezüglich der psychischen Gewalt
die von Kunden ausgehen kann.