Jakobus gehört zu den häufig übersehenen und oft missverstandenen großen Gestalten aus der
Anfangszeit des Christentums. Als Bruder von Jesus stand er ihm während seines irdischen
Wirkens ablehnend gegenüber. Als unerwarteter Auferstehungszeuge gehörte er jedoch seit Beginn
zur Gemeinde in Jerusalem. Deren Leitung hatte er für rund 20 Jahre inne ehe er im Jahr 62 als
Gesetzesübertreter in Jerusalem gesteinigt wurde. Dennoch gilt er als Verfechter eines am
jüdischen Gesetz orientierten Judenchristentums und als Hauptgegner des Paulus und der
gesetzesfreien Heidenmission. Der mit ihm verbundene Jakobusbrief fristet seit Luthers
berühmter Vorrede als 'stroherne Epistel' zu Unrecht ein Randdasein. Das Hauptanliegen des
Jakobus war es den Glauben an Jesus als Messias Israels und die Zugehörigkeit zu Israel als
Gottes erwähltem Volk miteinander zu verbinden. Die Kirche seit dem 4. Jahrhundert entschied
sich jedoch gegen diesen Weg: Man konnte nur entweder Jude oder Christ sein und dies wirkt bis
heute nach. Die weit verbreitete Unsicherheit im Umgang mit jüdischen Christen motiviert dazu
noch einmal neu auf den Herrenbruder Jakobus zu schauen.