Gedächtnis und Erinnerung sind grundlegende Phänomene unseres geistigen Lebens mit denen sich
das abendländische Denken seit der Antike intensiv auseinander gesetzt hat von Platon über
Augustinus bis zu gegenwärtigen Forschungen in der empirischen Psychologie und
Neurophysiologie. Bei Albertus Magnus finden sich über sein ganzes Werk verteilt immer wieder
intensive Reflexionen zu dieser Thematik sie zeigen dass er den Fragen wie und woran man
sich (wieder-)erinnert eine grundlegende anthropologische Bedeutung zugemessen hat. Eine
Schlüsselstellung für das Verständnis in Alberts Oeuvre besitzt dabei sein Kommentar zur
aristotelischen Schrift Über Gedächtnis und Wiedererinnerung (De memoria et reminiscentia)
dessen kritische Edition zeitgleich in der Editio Coloniensis erscheint.Die von Jörn Müller
vorgelegte philosophische Lektüre dieser Schrift weist nach dass Albert auf der Basis
arabischer Deutungen eine äußerst originelle Interpretation der aristotelischen Gedächtnislehre
präsentiert deren problemgeschichtliche Stellung in der Forschung bisher weitgehend verkannt
worden ist. Albert begreift Gedächtnis und Erinnern im Wesentlichen akthaft also von ihren
Vollzügen aus und zwar als eine Rückkehr zu der vergangenen Sache insofern sie vergangen ist.
Damit der Leserschaft über die vorgelegte Interpretation hinaus die Möglichkeit gegeben wird
diese Konzeption selbst Schritt für Schritt nachzuvollziehen ist dem Text als Anhang die erste
vollständige Übersetzung von Alberts Kommentar ins Deutsche beigegeben.