Die historisch arbeitenden Kulturwissenschaften befassen sich seit Längerem mit der Dimension
des Raumes als Medium symbolischer Kommunikation. Sie haben soziale rituelle und materielle
Strukturen ausgemacht die einem Raum Bedeutung und Funktion verleihen. Das gilt in besonderer
Weise für sakrale Räume. In ihnen gehen Architektur und Ausstattung liturgischer Vollzug und
personales Handeln eine komplexe Interaktion ein die unter dem Begriff der Sakraltopographie
analysiert wird. Dabei gründet das Modell der Stationsliturgie auf einer raumorientierten
Inszenierung die am Vorbild der heiligen (Himmels-)Stadt Maß nimmt. Diese kann sich auf die
Makroebene einer Stadttopographie mit systematisch angelegten Kirchenbauten wie auf die
Mikroebene eines einzelnen Kirchenraumes mit seinen verschiedenen Altarstellen beziehen. Beide
Ebenen werden durch den Gottesdienst raumumgreifend auf vielschichtige Weise miteinander
verbunden.Die dahinterliegenden Strukturen und Symbolwelten zu erschließen und
sakraltopographische Bezüge zu identifizieren ist nur interdisziplinär zu leisten. Deshalb
stellen sich im vorliegenden Sammelband Architektur- und Kunstgeschichte Geschichts- und
Liturgiewissenschaft die Frage wie einzelne Kirchenräume und ihre Einbindung in die geistliche
Prägung einer Stadt eine Sakraltopographie entwickeln die das Leben und den Glauben der
Menschen in der Vormoderne eminent mitbestimmt hat.