Die bereits von den Zeitgenossen als 'Devotio Moderna' bezeichnete religiöse Reformbewegung hat
sich nach dem Tod ihres charismatischen Stifters Geert Grote (+1384) in wenigen Jahrzehnten von
ihrem Ausgangsort Deventer über die Niederlande und das heutige Belgien über Westfalen und das
Rheinland bis nach Süddeutschland ausgebreitet. Doch wurde sie erst zu Beginn des 19.
Jahrhunderts zum Gegenstand intensiven wissenschaftlichen Interesses. Motivierend war dabei die
Überzeugung dass die Gründer der devoten Bewegung in mancher Hinsicht 'Reformatoren vor der
Reformation' gewesen seien. Gerhard Zerbolt von Zutphen (+1398) gelehrter Priester und
Bibliothekar im Haus der Brüder vom gemeinsamen Leben in Deventer schien diese Meinung in
besonderer Weise zu bestätigen. Hat er doch in einem umfangreichen lateinischen Traktat gegen
die Widerstände seiner Zeit das Recht der Laien auf Bibellektüre in der Volkssprache verteidigt
wie es später auch von Luther vertreten wurde. Da diese Schrift mit dem Titel 'De libris
teutonicalibus' lange Zeit nur unvollständig bekannt war konnte ihre differenzierte
Argumentation und eigentliche Tendenz nicht wahrgenommen werden. Erst mit der Entdeckung einer
Handschrift die den unverkürzten Text in einer mittelniederländischen Übersetzung aus dem
Umkreis des Autors überliefert wird das spezifische Anliegen des Traktats erkennbar. Diese
bislang unpublizierte Handschrift wird hier zusammen mit dem lateinischen Text ediert und
ausführlich erläutert.