2020 öffnete der Vatikan seine Archivakten aus dem Pontifikat Pius' XII. (1939-1958) was
seither von starker Medienberichterstattung begleitet wurde. Aus diesen Quellen ergeben sich
neue Fragen zur Rolle der Katholischen Kirche in der Nachkriegszeit der Phase des
Wiederaufbaus nach 1945 und den sich abzeichnenden Ost-West-Konflikten. Dieser Sammelband
widmet sich der deutsch-vatikanischen Perspektive auf den beginnenden Kalten Krieg bis in die
1960er Jahre hinein. Dabei geht es vor allem um die Parallelen aber auch um die Spannungen
zwischen den spezifischen Problemen Ängsten und Hoffnungen Nachkriegsdeutschlands und denen
der Weltkirche. Unumgänglich ist dabei eine Einbindung politischer und kirchlicher Fragen auf
nationaler Ebene in einen größeren globalen Kontext. Gerade deutsche Diskussionen von Fragen
des Antikommunismus der Wiedervereinigung und der Wiederaufrüstung können nicht für sich
allein betrachtet sondern müssen in einen geopolitischen Rahmen gestellt werden. Ebenso
standen auch die Demokratisierung Westdeutschlands und die (zunächst fehlende) historische
Erinnerung an die NS-Zeit nach 1945 in engem Zusammenhang zu den politischen Strategien der
Kirche im Kalten Krieg. Das Deutschland der Nachkriegszeit erscheint somit als
Kulminationspunkt und Testgelände vatikanischer Weltpolitik. Simon Unger ist Historiker und
forscht zu europäischer Religions- und Ideengeschichte. Er arbeitet am Deutschen Historischen
Institut in Rom wo er eine Forschungsgruppe zur Geschichte des Katholizismus in der
Nachkriegszeit leitet ("The Global Pontificate of Pius XII")