Michel de Montaigne - Philosophie in Zeiten des Krieges Sich immer eine Hintertür
offen halten nie alles von sich preisgeben die Dinge plötzlich von ganz anderer Seite
betrachten: Volker Reinhardt erzählt das Leben des philosophischen Virtuosen Montaigne
konsequent in seinem historischen Kontext der Zeit der Bürgerkriege in Frankreich. So erhält
der Parlamentsrat Romreisende Bürgermeister von Bordeaux und Kammeredelmann scharfe Konturen
und wir können den Philosophen in seinem Schlossturm der mit souveräner Distanz auf sich und
die Welt blickt besser verstehen. Schloss Montaigne auf dem Höhepunkt der
Bürgerkriege: Es klopft. Ein Mann wurde überfallen und begehrt eilig Einlass. Nach und nach
treffen seine Begleiter ein. Montaigne schöpft Verdacht: ein trickreicher Überfall! Doch er
lässt alle gastfreundlich ein. Die Naivität des Schlossherrn erweicht schließlich den Anführer
der das Signal zum Abzug gibt. Der Krieg zwingt zu unkonventionellen Überlebensstrategien.
Montaigne empfiehlt mit dieser Episode "Natürlichkeit" im Verhalten und zugleich kluge
Verstellung. Das ist auch die Strategie seiner Essays: Ob er über Freundschaft und Ehe gute
Gespräche und Erziehung oder über seine Krankheiten Spleens und Obsessionen schreibt immer
wirkt er ganz arglos und spielt doch mit seinen Lesern. Bisher wurde die Biographie Montaignes
meist aus seinen verführerisch authentisch klingenden Schriften abgeleitet. Volker Reinhardt
geht den umgekehrten Weg und macht von Montaignes Leben aus die Essays neu verständlich: als
eine Überlebensphilosophie in Zeiten der Gewalt die uns bis heute direkt anspricht.